Was würde ich tun, wenn….?Blogparade „Bedingungsloses Grundeinkommen“
Eva Ihnenfeld fragt in ihrem Blog steadynews: was würde ich tun,wenn….im Sommer 2016 das bedingungslose Grundeinkommen käme?
Sie hat dazu eine Blogparade bis zum 31.03.2016 gestartet.
Als Leitfaden hat sie einige Fragen formuliert, um die es hier gehen soll.
1. Welche politisch/ gesellschaftliche Einstellung hast Du bei dieser Vorstellung?
Jeder Mensch hat ein Recht auf Leben in Würde. Diese Würde legt Vater Staat derzeit anhand eines Warenkorbes fest und ermittelt mithilfe dieses Konstruktes das Existenzminimum. Kommt man nun in die unselige Lage, sein Einkommen nicht selber sicherstellen zu können, bedeutet dies in der Regel, einen Antrag auf ALGII oder Sozialhilfe stellen zu müssen. Klingt soweit nicht schlimm. Ist es aber oft. Ich habe mehrfach mit Freunden und Angehörigen ALG II beantragt, als Unterstützerin. Obwohl nicht selbst betroffen, empfand ich die Situation als menschenunwürdig und demütigend. In Dortmund und Bochum mussten wir durch 3-4 Zimmer, jedes Mal mit reichlich Wartezeit vor dem Zimmer. Jedes Mal musste der Wunsch nach einem Antragsformular erneut begründet werden, jedes Mal wurde versucht, uns los zu werden (sie haben sowieso keinen Anspruch, warum zahlen denn ihre Eltern nicht usw.) In beiden Fällen musste ich unter Aufbietung meiner gesamten Selbstbeherrschung freundlich, aber bestimmt auf dem Recht meines Schützlinges bestehen, einen Antrag zu stellen. Bescheide würden wir dann nach Prüfung unseres Antrages sehr gerne in Schriftform entgegen nehmen. In Bochum fragte man uns im letzten Raum, ob wir schon da und da und da gewesen sind. Als ich das bejahte, klitschnass, weil mehrfach zwischen zwei Gebäuden hin und her geschickt, entlarvte sich der Sachbearbeiter mit der verblüfften Frage: wie, das haben sie alles heute geschafft?
Diese Strukturen sind bewusst darauf ausgelegt, Hilfsbedürftige zu entmutigen und abzuwimmeln. Ebenso wie der Berg an Formularen, den man, wenn man durchhält, endlich ausgehändigt bekommt. Wer kann das denn schon ohne Hilfe bewältigen? Gern werden die gleichen Fragen mehrfach gestellt, etwas anders formuliert. Vielleicht verstrickt sich das arme Schwein von Antragsteller in diesem Dickicht und macht widersprüchliche Angaben?
Hat man es denn geschafft und Hilfe wird bewilligt, ist man seine Selbstbestimmung gleich auch mit los. Du musst dich für jeden noch so miesen Job bewerben, du darfst nicht gehen, wohin du willst, du darfst nicht einfach umziehen.
Mich macht das alles so wütend, dass ich nicht eher weiche, bis ich habe, was ich will. Ich musste aber nicht für mich selber streiten, wer weiß, ob ich das dann auch könnte. Und wer ist schon so stur und hartnäckig wie ich.
Und dieser ganze Apparatschik kostet sehr viel Geld, er muss sich ja auch selber erhalten. Zudem arbeitet er häufig fehlerhaft, Klagen verliert das Jobcenter überwiegend.
Wieviel Geld würde frei, um Menschen ein Existenzminimum in Menschenwürde und Selbstbestimmung zu ermöglichen. Ja, auch denen, die nicht arbeiten wollen. Die finden auch jetzt schon Wege.
2. Würde das bedingungslose Grundeinkommen Deine persönliche Einstellung zu Arbeit verändern?
Nein, nicht meine Einstellung zur Arbeit. Ähnlich wie Eva bin ich schon lange selbständig. Wie viel mehr Energie hätte ich in Ideen und Projekte stecken können, die Flügel ausbreiten und Neues in die Welt bringen, wenn nicht soviel Energie und Kraft von der Angst aufgefressen worden wäre, meine Miete vielleicht nicht mehr zahlen zu können. Irgendwann stand ich tatsächlich nach langer Krankheit vor dieser Situation. Auch früher als abhängig Beschäftigte konnte ich nicht mein Bestes geben. Ich hab oft heruntergeschluckt und Frust aufgebaut, meine Kinder mussten ja satt werden. Wer riskiert da schon seinen Arbeitsplatz. Ich will arbeiten, weil Arbeit auch ein Ausdruck meiner selbst ist und weil dadurch mein Leben einen Sinn bekommt. Ich brauche dazu eine Aufgabe. Aber ich würde wirklich anders arbeiten. Kreativer, mutiger.
3. Wenn Du einen Betrag festlegen könntest für Deinen persönlichen monatlichen Bedarf, wie hoch wäre dieser, damit Du Dein Leben frei von finanziellen Zwängen leben könntest?
Irgendwas zwischen 1500 und 2000 Euro, denke ich. Meine Wohnung ist bescheiden ausgestattet, eigenes Auto brauche ich ebenso wie Eva für mein Freiheitsgefühl. Luxusgüter interessieren mich nicht besonders. Als allein erziehende Mutter hatte ich früher reichlich Gelegenheit, zu lernen, mit wenig klar zu kommen.
Aber mein größtes Glück ist das Reisen. Dafür möchte ich heute genügend Geld zur Verfügung haben.
4. Was würdest Du tun, wenn Du genau diesen Betrag bis zu Deinem Lebensende sicher erhalten könntest (es sei denn, es kommen Massennöte oder Krieg), wie würdest Du gern leben?
Anders als Eva Ihnenfeldt brauche ich zum Leben nicht den Kampf. Mein Antrieb ist die Freude daran, ein Projekt zu starten und erfolgreich zu beenden. Etwas Neues in die Welt zu bringen. Die Lösung für ein Problem zu entwickeln. Für mich selber oder auch als „Sparringspartner“ für andere.
Natürlich möchte ich dafür auch eine angemessene Vergütung. Aber auch ehrenamtliches Engagement hat Platz in meinem Leben. Alles in allem habe ich doch Grund für sehr viel Dankbarkeit in meinem Leben. Und es macht mich zufrieden, etwas von diesem „Reichtum“ abzugeben an die, denen es gerade nicht so toll geht. Wenn ich da den einen oder anderen Schritt weiterhelfen konnte, war ich auch belohnt. Vielleicht hätte ich dann auch mehr Möglichkeiten, mich in diesem Bereich zu engagieren.
Wie gesagt, ich brauche eine Aufgabe im Leben. Wie schön, wenn ich mir diese Aufgabe suchen könnte, ohne immer zuerst ans reine Überleben denken zu müssen. Für mich wäre das ein großartiges Geschenk.
Ich bin immer so froh, solche Stellungnahmen von Menschen zu lesen, die nicht selber ALG II beziehen!